
Große Hemmnisse
Die Grunderwerbsteuer fällt einmalig auf die Summe eines Immobilien- oder Grundstückkaufes an. Sie stellt für Interessenten eine große Hürde dar: „In vielen Bundesländern liegt die Grunderwerbsteuer bei 6 % des Kaufpreises und verteuert einen Wohnungskauf dadurch erheblich. Da die Grunderwerbsteuer zu den Kaufnebenkosten zählt, wird sie bei der Kaufpreisfinanzierung durch Banken nicht mitfinanziert. Immobilienkäufer müssen diese Kosten über ihr Eigenkapital abdecken“, gibt Tim von Campenhausen zu bedenken. Seitdem 2007 die Erhebung dieser Steuer in Länderhand fiel, erhöhten alle Bundesländer bis auf Bayern den Steuersatz. Im Freistaat liegt die Grunderwerbsteuer bei 3,5 % des Kaufpreises, den übrigen Bundesländern setzen die Steuer zwischen 5,0 % und 6,5 % an.Diese horrende, selbst aufzubringende Summe von vielen Tausend Euro hindert viele Interessierte an der geplanten Bauumsetzung. Dabei braucht der Immobilienmarkt unbedingt Neubauprojekte. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln würde mit einer Halbierung der Grunderwerbssteuer ein Anstieg von Baugenehmigungen um 9 % einhergehen.1 Wieso hadert es dann an einer Reform? „Die Grunderwerbsteuer ist per Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) bundesweit geregelt“, so Dominik Hermann von Koenen Bauanwälte. „Nach Art. 105 GG darf der Bund Gesetze zum gleichen Regelungsgegenstand nur dann erlassen, wenn er von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht Gebrauch macht.“ Sprich: Nur Gesetze, die die Länder nicht in ihren Rechten beschneiden, sind erlaubt. Das verhindert vollumfängliches Eingreifen des Staates – und damit einen unkomplizierten Lösungsansatz.
Ein Blick über die Grenze
Allein die Grunderwerbsteuer für den Mangel an Bauprojekten verantwortlich zu machen, sei falsch, meint Tim von Campenhausen. Undurchsichtige Bauvorschriften in 16-facher Ausführung, teure Baumaterialien und fehlende Arbeitskraft tragen einen großen Teil zur misslichen Lage bei. Lösungsansätze wie Fördermittel oder die Rückübertragung der Gesetzgebungskompetenz auf den Bund sieht der Makler kritisch. Zu groß wäre der bürokratische Aufwand für die Bereitstellung von Geldern und Länder ließen sich ihre Autonomie schwerlich wieder nehmen. „Eine echte Chance wäre eine Bund-Länder-Kommission, die sich zeitnah auf einen Erlass beziehungsweise eine Reduzierung der Grunderwerbsteuer für Ersterwerber und Eigennutzer von Wohnimmobilien verständigt“, sinniert von Campenhausen.Auch Hermann hält abweichende Sätze für Selbstnutzer als eine denkbare Maßnahme zur Entlastung von Eigenheimkäufern. Ähnliche Systeme gibt es beispielsweise in den skandinavischen Ländern und den Niederlanden. Im Hinblick auf unsere Nachbarländer erkennt der Anwalt weitere Potenziale: „Eine Staffelung nach Höhe der Transaktionskosten wie in Belgien wäre eine mögliche Lösung. Frankreich setzt auf eine Befreiung der Grunderwerbsteuer bei Neubauten und in den Niederlanden müssen Erstkäufer unter 35 Jahren keine zusätzlichen Kosten aufbringen.“
Fest steht: Egal ob mit Befreiung oder Reduzierung, eine Reform der Grunderwerbsteuer ist notwendig, um den deutschen Wohnungsmarkt wieder anzukurbeln. Denn trotz der kürzlichen Senkung des Systemrisikopuffers der BaFin bleibt die Investition ins Eigenheim besonders für junge Familien weiterhin unattraktiv. Wenn die neue Regierung gegen den Wohnungsmangel aktiv werden will, muss sie genau dort ansetzen.