
Inflation und Zinsentwicklung als größte Probleme
Die meistgenannte Herausforderung der Immobilienbranche sind die hohe Inflation (91 %), aktuelle Zinsen für Immobilien- und Baufinanzierung (89 %) und das geringe Wirtschaftswachstum in Europa (88 %). Außerdem sind die Experten aus der Immobilienbranche besorgt, weil es auf globaler, nationaler und regionaler Ebene vermehrt zu politischer Unsicherheit kommt.Ein Großteil der Umfrageteilnehmer (87 %) ist jedoch der Ansicht, dass die Inflation nur ein kurz- bis mittelfristiges Problem ist. In spätestens fünf Jahren wird diese laut den Befragten wieder auf ein normales Niveau sinken. Das schwache Wirtschaftswachstum und die hohen Zinsen für Immobilien- und Baukredite werden laut etwa drei Viertel der Immobilienexperten die Branche hingegen noch länger belastet.
Problematisch sind zudem branchenspezifische Herausforderungen wie die hohen Baukosten und die schlechte Verfügbarkeit bei vielen Rohstoffen und Materialien. Auch diese Faktoren betrachten die meisten Unternehmen als längerfristig.
Kommt es zu einer Rezession?
In Anbetracht der ökonomischen Situation gehen knapp drei Viertel (71 %) der Branchenvertreter davon aus, dass Europa in den kommenden Monaten in eine Rezession rutschen wird. Wenn dies tatsächlich der Fall ist, würde dies auch die Immobilienbranche stark treffen, vor allem, weil es zu einem Rückgang bei der Verfügbarkeit von Finanzierungen und damit zu weniger Investitionen kommen würde. Überdies würden auch die Mieten bei Neuverträgen und die Immobilienwerte deutlich zurückgehen.Betroffen sind davon aber nicht alle europäischen Länder gleichermaßen. Deutschland, Großbritannien und die Niederlande entgegen der Rezession laut der Studie nur mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit. Die Chance, dass es in Frankreich zu keiner Rezession kommt, ist hingegen höher, weil das Land hauptsächlich auf Atomkraftwerke setzt und damit nicht so stark von höheren Gaspreisen beeinflusst wird. In Deutschland ist eine Rezession laut deutlich über drei Viertel (83 %) der Befragten wahrscheinlich.
Verfügbarkeit von Fremd- und Eigenkapital zu Finanzierungszwecken
Das Vertrauen in die Verfügbarkeit von Fremdkapital und Eigenkapital zur Finanzierung von Immobilienprojekten ist so niedrig wie zuletzt in den Jahren 2012 bzw. 2009. Als Hauptgrund dafür nennen die Umfrageteilnehmer die Abnahme der internationalen Kapitalströme nach Europa. Am schlechtesten ist ihrer Meinung nach die Verfügbarkeit von Fremd- und Eigenkapital zur Projektfinanzierung. Deutlich über die Hälfte erwarten bei Fremd- (70 %) und bei Eigenkapital (63 %) einen Rückgang. Auch bei Fremdkapital zur Refinanzierung oder Realisierung von Neuinvestitionen erwarten viele Branchenvertreter (64 %) eine schlechtere Verfügbarkeit.Gute Chancen für Investoren
Die insgesamt schlechten Aussichten und die wahrscheinlich sinkenden Immobilienwerte eröffnen laut den Befragten Investoren in den kommenden Jahren gute Chancen. Besonders profitieren können laut ihnen von den Entwicklungen am Immobilienmarkt sowohl Core-Investoren als auch Eigenkapitalgeber, die bisher gar nicht oder kaum in Immobilien investiert haben. Ausmaße wie bei der globalen Finanzkrise erwartet die Immobilienbranche in Europa aber vorerst nicht. Es ist somit davon auszugehen, dass Investoren gute Kaufchancen erhalten, aber nicht, dass die Immobilien ihren Wert fast komplett verlieren.Immobilienprojekte werden verschoben oder abgesagt
Auch die Immobilienentwicklung wird stark durch die höheren Zinsen, die Inflation und die drohende Rezession beeinflusst. Die Vertreter der Immobilienbranche gehen deshalb davon aus, dass viele Projekte mindestens bis zum Jahr 2024 verschoben werden. Dies könnte sich jedoch positiv auf Bestandsobjekte und deren Eigentümer auswirken."Seit der Durchführung der Studie und der Befragungen im Sommer ist die damals schon tiefe Besorgnis der Branche noch größer geworden. Aber es gibt weiterhin viel Kapital, das darauf wartet, investiert zu werden. Zeit spielt dabei meistens keine so große Rolle, um die besten Gelegenheiten zu finden. Damit die Branche den Sturm überstehen kann, sind neben der richtigen Bestandsauswahl ein starker Fokus auf ESG-Kriterien, operative Fähigkeiten und Kundenorientierung gefragt", erklärt Sabine Georgi, Geschäftsführerin des ULI in Deutschland.