
Das Vorkaufsrecht im Baugesetzbuch
Die Paragraphen 24 bis 28 BauGB regeln das Vorkaufsrecht von Städten und Gemeinden. Ihr Ziel ist es unter anderem, brachliegende Flächen im Sinne des Allgemeinwohls ohne aufwendige Enteignungsverfahren zu sichern. Lange spielte dieses Recht kaum eine Rolle, doch mit zunehmendem Flächenmangel und politischer Brisanz steigt seine Bedeutung. Im Zuge dieser Entwicklung erweiterte der Gesetzgeber das Baulandmobilisierungsgesetz 2021 für Vorkaufsrechte: Es sieht nun vor, brachliegende Grundstücke dem Immobilienmarkt als Spekulationsobjekte zu entziehen. „Der Bundesrat wünschte sich weitergehende Regelungen, etwa dass für Wohnanlagen mit mehr als 50 Wohneinheiten ein Vorkaufsrecht der Gemeinde einzurichten sei, sofern nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld zu befürchten wären“, berichtet Bauanwalt René Thomas. Die Bundesregierung wies diese Vorschläge des Bundesrates allerdings ab. „Eine weitergehende Reform des kümmerlichen Vorkaufsrechts wird künftig jedoch unabdingbar“, bewertet Thomas.Eine besondere Herausforderung sind sogenannte Share Deals: Dabei kauft eine Firma Shares, also Anteile an einem anderen Unternehmen, das ein Grundstück besitzt. Dadurch wechselt das Grundstück den Eigentümer, ohne dass Grunderwerbssteuer fällig wird. Hamburg nutzte Ende 2022 als erste Stadt Deutschlands das Vorkaufsrecht in einem solchen Fall, um Bodenspekulationen einen Riegel vorzuschieben. „Wegen ihrer unklaren Rechtslage sind Share Deal-Vorkaufsrechte bisher selten“, beobachtet der Koenen-Anwalt. „Bisher haben nur Hamburg und Berlin diese in Anspruch genommen. Hier existiert ohne Frage Reformbedarf.“
Warum baut denn hier niemand?
Nicht immer liegt es an Spekulation, wenn eine Fläche unbebaut bleibt. Oft haben Städte zwar ein gesetzliches Vorkaufsrecht, nutzen es aber aus finanziellen oder strategischen Gründen nicht. Zudem können unklare Eigentumsverhältnisse, laufende Rechtsstreitigkeiten oder langwierige Genehmigungsverfahren Bauprojekte verzögern. „Umweltauflagen, Denkmalschutz oder Konflikte mit Bebauungsplänen sind häufige Ursachen für Stillstand“, so Thomas. In manchen Fällen spekulieren Eigentümer bewusst auf eine Wertsteigerung, anstatt zu bauen – rechtlich schwer zu unterbinden, solange keine aktiven bauordnungsrechtlichen Maßnahmen wie ein Baugebot im Sinne des § 176 BauGB ergriffen werden. Auch wirtschaftliche Schwierigkeiten spielen eine Rolle: Investoren springen ab oder Bauherren melden Insolvenz an, wodurch Projekte ins Stocken geraten. Schließlich können fehlende Infrastruktur oder Altlasten auf dem Grundstück Bauvorhaben erheblich verteuern und verzögern.„Das Vorkaufsrecht ist ein starkes Instrument, um Stadtentwicklung aktiv zu gestalten. Doch es braucht klarere Regeln, um es effektiv nutzen zu können“ resümiert René Thomas.