
In der richtigen Verpackung darf sich die Technik in Wohnund Arbeitsräumen blicken lassen. Foto: AEG Haustechnik
Kühle Außenwände im Winter und Eisblumen an den Scheiben, kalter Luftzug rund um Fensterrahmen und Türen – unsere Großeltern kannten es nicht anders. Der „Zug“ war bis zu einem gewissen Grad sogar lebensnotwendig, denn die Öfen brauchten reichlich Raumluft. Kein Vergleich zu einem Haus, das nach den Regeln der seit Februar 2002 gültigen Energie-Einspar-Verordnung (EnEV) errichtet wurde. Neue Wandbaustoffe und neue Wandaufbauten erlauben es, die Wärmeverluste durch Abstrahlung auf ein Minimum zu drücken.
Sind auch Fugen und Anschlüsse, zum Beispiel von Dach und Wand, oder Durchdringungen für Rohrleitungen ordentlich ausgeführt, ist der unfreiwillige Luftaustausch so gut wie ausgeschaltet. Gleichzeitig jedoch wird der freiwillige umso wichtiger. Nach wie vor müssen Luftfeuchtigkeit und Kohlendioxid, Staub und Ausdünstungen von Baustoffen, Teppichen, Möbeln und so weiter abtransportiert werden. In einem Fünfpersonenhaushalt fallen am Tag allein 10 bis 15 Liter Wasserdampf an. Alle zwei Stunden sollte daher das Luftvolumen im Haus komplett ausgetauscht werden (Luftwechselrate = 0,5).
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Strömungsverhältnisse: Dort, wo die Luft am schnellsten verbraucht wird und am feuchtesten ist, wird sie abgesaugt, in die reinen Wohnräume wird Frischluft geleitet. Foto: Viessmann
Schimmel-Paradiese
Anstatt regelmäßig und kurz – nicht nur nach dem Duschen, Baden und Kochen – mit weit geöffneten Fenstern zu lüften (Stoßlüften), lassen viele lieber den Tag über ein oder mehrere Fenster gekippt. Die Außenwände im Fensterbereich kühlen aus, Feuchtigkeit kondensiert, beste Wachstumsbedingungen für Schimmel. Gerne wird auch versucht, mit der Luft aus warmen Räumen die kälteren zu heizen.
Mit dem gleichen Resultat: Die an Feuchtigkeit reichere warme Luft strömt hinüber, kann sie dort aber nicht halten; sie schlägt sich an Wänden und Möbeln nieder. Richtiges Lüften ist eine diffizile Sache, Bauschadens-Experten und Energieberater empfehlen aus diesem Grund eine Anlage zur kontrollierten Lüftung mit Wärmerückgewinnung, die automatisch die goldene Mitte findet: freies Durchatmen bei minimalem Energieverlust.
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Lüftung mit Wärmerückgewinnung passt gut zu vorschriftsmäßig abgedichteten Häusern: besser jetzt mit einbauen. Grafik: ZWS
Frisch und warm
Reine Abluftanlagen sorgen, wie schon der Name andeutet, für Abtransport der verbrauchten Luft. Die frische gelangt durch den entstehenden Unterdruck ins Haus, über spezielle Durchlässe in der Wand oder über in die Fensterrahmen eingebaute Klappen. Aufwändiger in der Konstruktion sind zentrale Abluft-/Zuluftanlagen mit ihrem doppelten Leitungssystem: frische Außenluft wird angesogen und in die Wohnräume geleitet, verbrauchte Luft wird abgesaugt und entsorgt.
Wo die Zuluft- und Abluftleitungen zusammenlaufen, kann ein Wärmetauscher eingesetzt werden. Beide Ströme werden aneinander vorbeigeführt, getrennt durch Metallplatten, sodass die Abluft ihre Wärme (und nur die) auf die Zuluft übertragen kann. Effektive Anlagen halten damit bis zu 90 Prozent der Energie im Gebäude. Liegt der Wert darunter, lohnt sich ein Nachheizregister, das allerdings mit Warmwasser betrieben werden sollte. Umweltfreundlicher sind Erdwärmetauscher. Die Frischluft wird in Kunststoffröhren durch das Erdreich geführt, in ein bis zwei Metern Tiefe, unerreichbar für den Bodenfrost. Im Sommer gelangt sie so vorgekühlt ins Haus, im Winter vorgewärmt. Wichtig für Allergiker: Besitzt die Anlage entsprechende Filter am Ansaugstutzen, bleiben Pollen außen vor.
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Box mit Ventilatoren, Wärmetauscher und den Filtern, die regelmäßig zu reinigen sind. Foto: Wolf Heiztechnik
Auslegung, Betrieb und Wartung
Von Anfang an sollte die Anlage in die Planung mit einbezogen werden. Rohrlängen und Durchmesser sowie Ventilator-Leistung müssen auf den zu erwartenden Bedarf eingestellt sein, damit es zum Beispiel nicht zu Zugerscheinungen in Nähe der Düsen beziehungsweise Durchlässe kommt. Schlafzimmer, Kinder- und Wohnzimmer bekommen über Düsen im Deckenbereich Frischluft, die Abluft wird in Bad, WC und Küche abgezogen; daher empfiehlt es sich, sie auf dem Grundriss nicht zu weit auseinander zu rücken. Türen erhalten Überströmöffnungen. Das Herzstück mit Ventilatoren und Wärmetauscher hat auf dem Dachboden oder im Keller Platz. Lärmbelästigung im Wohnbereich wird so vermieden.
Achtung: Nur wenn das Haus im Sinne der EnEV luftdicht ist, kann überhaupt von „kontrollierter“ Lüftung gesprochen werden. Der normalerweise nicht zwingend vorgeschriebene Blower-Door-Test ist unerlässlich. Im Haus wird per Gebläse ein Unter- oder Überdruck erzeugt: aus der Dauer bis zum Wiedererreichen des Normaldrucks lässt sich der Grad der Dichtheit errechnen. Bei Inbetriebnahme muss das beauftragte Unternehmen die Lautstärke der Anlage sowie die Leistungsdaten prüfen und dokumentieren und in die Bedienung einweisen. Zuluft-/Abluftanlagen erfordern aus Gründen der Hygiene eine regelmäßige Reinigung der Feinfilter, am besten alle drei bis sechs Monate. Die Filter werden entweder ausgewechselt oder in der Spülmaschine gewaschen. Wie zur modernen Heizungsanlage sind Regelungseinheiten erhältlich, mit denen sich die Technik auf den Tagesablauf, aber auch auf besondere Situationen, etwa die rauschende Party, oder besondere Wetterlagen einstellen lässt.
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Foto: Vaillant
RICHTWERTE UND KOSTEN
Kosten:
- Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung für ein Einfamilienhaus zwischen 5.000 und 8.000 €
- Stromverbrauch 450–900 kWh/a, entspricht derzeit 80 bis 150 €
- Stromverbrauch nicht über 0,45 Watt/(m3/h)
- Regelbare Leistung zwischen 0,3- und 0,8-fachem kompletten Luftaustausch pro Stunde (Pro Person und Stunde wird ein Frischluftbedarf von 30 Kubikmetern angesetzt.)
- Schallpegel in Wohnräumen unter 25 dB/A
- Austrittsgeschwindigkeit der Frischluft maximal 0,1 m/s
- Verhältnis der eingesetzten Energie (Strom) zur erhaltenen sollte mindestens 1:5 betragen