Kunststoff statt Fliese
Die sichtbarsten Schäden lagen zu Füßen: Auf vielen Böden war Feuchtigkeit in den Belag eingedrungen und hatte in der Folge zu Rissen im und unter dem Fliesenbelag geführt. Diese Böden waren nicht mehr zu retten. Der Aufbau wurde daher entfernt bis zur tragenden Schicht: Abbruch von Fliesen und Estrich bis zur Rohbetondecke. Als vorbereitende Arbeit wurde die Decke (und die angrenzenden Metallbauteile) zunächst gefräst, angeschliffen und geprimert. Als neuen Aufbau wählten die Verantwortlichen ein witterungsbeständiges Flüssigkunststoffsystem (Triflex BTS-P). Wichtig dabei war, dass sich der tiefste Punkt des Balkons durch die neue Entwässerung verlagert: War bislang die Außenecke der Balkone als Ablauf ausgebildet, liegt dieser Punkt nun in der Fläche mit 10 Zentimeter Abstand von der Außenkante Klebeflansch zum Balkonrand (seitlich und von vorn) gemäß DIN 18531. Entsprechend war das Gefälle (zwei Prozent) neu auszurichten und wurde in einer Schichtdicke von 10 mm (am Tiefpunkt) bis 50 mm mit einem zweikomponentigen Schnellestrich hergestellt – die Schicht konnte bereits nach rund einer Stunde Abbindezeit überarbeitet werden. Für die Rohre der neuen Hauptentwässerung war zudem eine Kernbohrung in den Boden zu setzen. „Das Einsetzen der Balkonabflüsse war einfach, ebenso wie das Herstellen der Anschlüsse an die Durchführungen. Durch den werkseitigen Klebeflansch ließ sich die Bodenbeschichtung einfach an das Rohr heranführen“, berichtet Sascha Königsfeld, Bauleiter vom ausführenden Betrieb Wierig Liquid. Durch die umlaufende Erhöhung an der Innenseite des Anschlussrandes kann die Flüssigkunststoffschicht mit zwei bis drei Millimeter optimal angearbeitet werden, sodass kein Flüssigkunststoff versehentlich in den Ablauf gelangt – und die Entwässerungsebene schließt bündig ab. Mit dem Direktentwässerungssystem (Serie GF, Loro) ist die Hauptentwässerung jetzt elegant mit einem Strang über alle Stockwerke gelöst. Der Ablauf erfolgt über ein Ringsieb, welches das von oben kommende Rohr ohne zusätzliche Befestigung umschließt und den Niederschlag zusätzlich in das abführende Rohr leitet. Nur auf dem obersten Balkon dient ein flächiges Sieb als Abschluss für den Balkonablauf. Das Wasser fließt dann unterhalb des Erdgeschoss-Balkons auf die freie Fläche (Freispiegelentwässerung) des Grundstücks – wie es bereits in der ursprünglichen Situation gelöst war und nun auch weiter für die Notenwässerung gilt. Die Notentwässerung ist der zweite Clou: Dafür wurde die alte Entwässerung über die tragenden Hohl-Profile einfach umgenutzt. Dazu ist in der Balkonecke am Boden eine etwa 1,5 Zentimeter hohe Stufe ausgeführt, so dass Niederschläge erst ab einer bestimmten Höhe über den zweiten Entwässerungsweg fließen können. Dann aber ist sichergestellt, dass auch bei sehr starkem Regen das Wasser vom Balkon nicht in Richtung der Wohnungen fließt, sondern über die Notentwässerung vom Balkon ab.„Das Projekt vereint wirtschaftliche Instandsetzung mit der technischen Aufwertung auf die aktuell gültigen Baunormen. Die Balkone sind nach den Bauarbeiten wieder langfristig nutzbar und dauerhaft sicher vor Niederschlägen geschützt. Die typische Architektur blieb dabei erhalten“, resümiert Architekt Bernhard Remaklus, Projektleiter der GAG.
Resümee von Karsten Mueller (Redaktion “bauen.com“)
Die Sanierung der Balkone in Köln-Zollstock hebt sich durch die Verbindung von technischer Modernisierung und der Bewahrung historischer Stilelemente hervor. Besonders überzeugend ist die doppelte Entwässerungslösung, die sowohl funktional als auch nachhaltig ist. Die Wahl eines langlebigen Flüssigkunststoffsystems zeigt ein starkes Bewusstsein für wirtschaftliche und ökologische Aspekte. Es wäre sinnvoll, noch auf die möglichen Vorteile für die Mieter einzugehen, wie etwa eine erhöhte Wohnqualität oder niedrigere Instandhaltungskosten in der Zukunft.