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Das viel beschworene „intelligente Haus“ ist nicht mehr weit. Doch selbst ein Altbau muss nicht „dumm“ sein. Wir beschreiben den Weg von der herkömmlichen Elektroinstallation zum BUS-gesteuerten Haus-Netzwerk.
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FamilyHome - Elektroinstallation
Bild: Weber-Haus
Bild: Weber-Haus
So kennen wir’s: Jeder Stromverbraucher hat einen eigenen Stromkreis. Und jeder Stromkreis wird mit einem Schalter geschlossen oder unterbrochen. Je älter die Elektroinstallation, desto mehr Ausfälle sind zu verzeichnen, wenn mal eine Sicherung rausfliegt. Daran sehen Sie, welche Stromkreise miteinander verknüpft sind. Die BUS-Technik geht die Sache grundsätzlich anders an: Strom ist nur ein möglicher Übertragungsweg zwischen so genannten Sensoren und Aktoren.
 
Bild: Weber-Haus
Bild: Weber-Haus

Es gibt eine Steuerungsleitung, den so genannten Daten-BUS, ein Kleinspannungskabel mit 24 Volt, sowie auch 230-Volt-Versorgungsleitungen. Darüber hinaus sind auch Funk- und Infrarot-Signale ins System integriert. Das Ergebnis ist eine dezentrale Vernetzung, die mannigfache Kommunikationswege eröffnet, die zum Teil Spielerei, zum Teil nützlich und energiesparend sind.
 

Was kostet der BUS?
Kosten bis zu 15.000 Euro für ein komplett vernetztes Haus schrecken derzeit noch viele ab. Eine BUSGrundausstattung kostet etwa 7.000 Euro mehr als eine herkömmliche Elektroinstallation. Modulare „Mini-Busse“ mit schrittweisen Ausbaumöglichkeiten sind heute schon viel kostengünstiger zu haben. Für die nächsten Jahre sind einerseits Leistungsexplosionen, andererseits sinkende Preise zu erwarten. Denn die Einzelkomponenten sind nicht teuer: Der PC-Prozessor, der das Herzstück des BUS-Steuerungssystems darstellt, kostet heute nicht mehr als 70 Euro – und at eine höhere Rechenleistung, als die NASA für sämtliche Mondlandungen zur Verfügung hatte. Und die stecknadelkopfgroßen 8-Bit-Mikroprozessoren für BUS-fähige Haushaltsgeräte kosten unter 1,50 Euro.
 
Hilfreiche Automatisierung: So lange die Sonne scheint, schützt die Markise vor Hitze. Dann zieht plötzlich ein heftiger Gewittersturm auf. Außer dem Hund ist niemand da. Doch mit Hilfe des Windsensors der „Aero-868“-Wetterstation werden sie automatisch hochgefahren. Bild: Elero
Bild: Elero
Sensoren können zum Beispiel Bewegungsmelder oder Thermostate sein. Auch alle Bedienoberflächen gehören dazu – und das sind längst nicht nur schnöde Schalter, sondern alle Arten von Tastern, visualisierte Oberflächen, interaktive und berührungssensitive Bildschirme („Touch-Screens“). Sie sind die Impulsgeber, wenn sie ein bestimmtes Signal erhalten, etwa „es ist zu kalt“ oder „eine Person schleicht ums Haus“ oder – beim Verlassen des Hauses auf dem Touch-Screen im Flur eingegeben – „alle elektrischen Geräte ausschalten“.


Nicht nur für Freaks

Aktoren sind die Befehlsempfänger, wie etwa die angesprochenen elektrischen Geräte. Der Aktor „Heizanlage“ sorgt dafür, dass mehr Wärme in den zu kalten Raum gelangt, der Aktor „Außenbeleuchtung“ rückt den Garten ins rechte Licht. Alles für sich gesehen ist dies nichts Neues.
Neu ist: Sensoren und Aktoren können vom Installateur beliebig programmiert und verknüpft werden. So entsteht das „intelligente Haus“, das sich – theoretisch – auch ganz schön albern benehmen könnte: Die Beispiele der Pizzaaufwärmung per Telefon, der Kühlschrankinhalt-Fernabfrage oder der sich selbst füllenden Badewanne werden gerne angeführt, sind aber der guten Sache wenig dienlich. Denn eine vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima durchgeführte Befragung ergab, dass die meisten Menschen mit solchen Spielereien wenig anfangen können.

Das Interesse gilt vielmehr den praktischen Nutzanwendungen, die den Komfort im Haus erhöhen und vor allem den Energieverbrauch senken. 94 Prozent aller Befragten wünschen sich, dass die Heizung bei Abwesenheit automatisch herunter gefahren wird, 87 Prozent finden es gut, wenn die Heizung automatisch gedrosselt wird, wenn ein Fenster zur Lüftung gekippt wird. Fast genauso viele erkennen die Vorteile in Sachen Sicherheit: Das reicht von der Simulation von Anwesenheit bis hin zur Fernabfrage möglicher Gerätestörungen von unterwegs – etwa der Heizungsausfall während des Winterurlaubs. Die Komforterhöhung besteht in allen Fällen darin, dass der Bewohner an viele lästige Haushaltspflichten einfach nicht mehr denken muss.

Vor dem BUS
 
Die Vorstufe zum BUS: Mit modularen Funksteuerungssystemen wie dem Fernotron kann auch ein Altbau nachgerüstet werden. Es ermöglicht die automatische Steuerung von Rollläden, Licht und anderen Hausgeräten. Bild: Rademacher
Bild: Rademacher
Bestimmte intelligente Verknüpfungen lassen sich auch ohne BUS bewerkstelligen, kosten nicht die Welt und sind auch für die Nachrüstung meist problemlos geeignet. Die Rollladensteuerung per Funk beispielsweise erlaubt die oben genannten Sicherheits-, Komfort- und Energiespar-Funktionen: Automatisches Schließen bei einsetzender Dunkelheit, ein spezielles Urlaubsprogramm, das Anwesenheit vorgaukelt – schon eine gute Zeitschaltuhr mit individuellem Wochenprogramm, Urlaubsschaltung oder einer Zufallssteuerung kann in Verbindung mit motorisierten Rollläden solche Wunder vollbringen. Die Steuerung der Heizanlage ist ein weiteres Beispiel für die heute schon sehr ausgeprägte Teamarbeit verschiedener Haustechnik-Komponenten: Witterungsgeführte Sensoren melden frühzeitig den Wärmebedarf an den Heizkessel weiter. Auf der anderen Seite geben auch Einzelraum-Thermostate ihre Befehle an den Heizkessel und sorgen so dafür, dass in jedem Raum genau die richtige Wärmemenge ankommt. Ein solches vorausschauendes Zusammenspiel ist gerade in hoch gedämmten Häusern wichtig. Hier kann zu viel produzierte Heizwärme schnell zu unangenehmer Wärme in den Räumen führen – die dann übers gekippte Fenster ins Freie verschleudert wird. A propos gekipptes Fenster: Auch hier gibt es schon clevere Thermostate, die den frischen Luftzug registrieren und sofort reagieren, indem sie die Wärmezufuhr zur Heizung auf Null reduzieren.
Weniger intelligente Thermostate hätten genau andersherum gehandelt: Es wird kälter – also muss mehr geheizt werden.


Im Netz
 
Ein unscheinbares grünes BUS-Kabel, das zusammen mit der Stromversorgung unter Putz verlegt wird: Das ist die Basis des intelligenten Hauses. Bild: Siemens
Bild: Siemens
Mit der BUS-Vernetzung werden solche Synergieeffekte weiter perfektioniert. Ein Beispiel: Der Fensterkontakt stellt ein Öffnen des Fensters fest, obwohl gleichzeitig der Haustürsensor die Meldung „von außen verschlossen“ gibt. Derselbe Fensterkontakt, der also im einen Fall die Heizung gestoppt hat, setzt nun eine Alarmmeldung ins System ab: „Einbruch!“. Das wiederum führt zur hektischen Betriebsamkeit weiterer Aktoren: Der Rollladen des betroffenen Fensters schließt sich sofort, was im günstigsten Fall zu slapstickartigen Verwicklungen beim Einbrecher führt. Es ertönt ein akustischer Alarm, die Panikbeleuchtung schaltet sich ein, ein Notruf geht ans Polizeirevier, gleichzeitig werden Sie per SMS auf Ihrem Handy informiert. Bei alledem besitzt das BUS-System sozusagen eine „dezentrale Intelligenz“, das heißt, der Ausfall eines Akteurs führt keineswegs zum Breakdown. Externe Netze wie das Telefon, das TV-Satelliten- oder Kabelnetz oder das Internet werden in dieses hausinterne Netz eingebunden.
 
Das Haus im Blick: Die zentrale Überwachung und Steuerung der Haustechnik ist mit einer EIB-Instabus-Installation möglich. Die Schaltzentrale ist – ähnlich wie ein Bord-Computer im Auto – ein HomeServer wie der von Gira. Bild: Gira
Bild: Gira
Damit stehen die Informationen überall zur Verfügung. Sicherungseinrichtungen verhindern, dass Ihr Traumhaus zum Big-Brother-Container mutiert. Übrigens: Auch Altbauten können ihren Intelligenz-Quotienten erhöhen, ohne dass eine teure, völlig neue Verkabelung erfolgen muss. Der BUS kann auf die schon vorhandene 230-Volt-Stromleitungen „aufmoduliert“ werden. Das ergibt zwar keine internettauglichen Übertragungsraten. Für die hausinternen Nutzungen reicht dies aber völlig aus.
 
BUS-Chinesisch
Wie bei jeder neuen Technologie muss sich der Kunde auch bei der BUS-Technik erst mal an eine ganze Menge von Fachbegriffen und Abkürzungen gewöhnen. BUS heißt übrigens „Binary Unit System“. Das in Deutschland am weitesten verbreitete BUS-System ist der Europäische Installationsbus EIB. Der hat inzwischen den Zusatz KNX erhalten, weil er mit anderen Systemen zum „Konnex“-Standard erweitert wurde. Damit hat er sich auch weltweit einen Vorteil verschafft. Hauptkonkurrent ist der amerikanische LON-BUS-Standard („Local Operating Network“).

BUS-Inspirationen
  Lassen Sie sich durch einige weitere Beispiele in Sachen BUS-Komfort inspirieren: Sie können mit einem Knopfdruck bestimmte, vorher einprogrammierte Licht-/Musik-/TV-Szenarios auslösen – etwa „Rendezvous“ oder „Sportschau“ (aber nicht verwechseln!). Sie können dafür sorgen, dass beim Läuten des Telefons der Staubsauger sofort schweigt. Ihre Hausgeräte fordern erst beim Steckdosen-Kontakt elektrische Energie an – mit dem Nebeneffekt, dass ein an der Steckdose herumspielendes Kind keinen Stromfluss auslösen kann, da es nicht als BUS-fähiger Aktor erkannt wird.
  Reißt im Sommer der zuvor bedeckte Himmel auf, dann stellen sich die Jalousien und Markisen sofort darauf ein. Wenn nötig, nimmt auch die automatische Wohnungslüftung ihre kühlende Tätigkeit auf. Zahlreiche Muster- und Testhäuser zeigen solche Hilfestellungen bereits im Alltag. Ob dieser Alltag echt oder simuliert ist – komplexe Messungen und Kontrollen zeigen, welchen Gewinn an Lebensqualität die BUS-Zukunft erwarten lässt. Im durchschnittlichen Einfamilienhaus sind bis zu 30 Prozent Energieeinsparung drin. Der Elektrosmog wird durch Netzfreischaltungen um bis zu 50 Prozent reduziert.
  Die Nutzungsflexibilität in den Räumen steigt: Ein Kinderzimmer ist schnell zum Home-Office umfunktioniert, ein Dachgeschoss kann durch das Umprogrammieren auf eine getrennte Verbrauchserfassung einfacher vermietet werden. Der Wartungsaufwand für haustechnische Geräte reduziert sich beträchtlich, da viele Handwerkerfahrten durch die Fernüberwachung entfallen können. Die Sprachsteuerung erleichtert das alten- und behindertengerechte Wohnen. Den Einkaufszettel müssen Sie nicht mehr schreiben, er wird nach dem Checken des Inhalts von Kühl- und Vorratsschrank am PC ausgedruckt. Schluss jetzt, wir sind schon wieder bei den Spielereien gelandet!
 


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